Verarbeitung von stereoskopischen Bildern

Unter Stereoskopie versteht man die Wiedergabe von Bildern mit einem räumlichen Eindruck von Tiefe, der eigentlich physikalisch betrachtet gar nicht vorhanden ist. Hierzu ist es bei der Datenbereitstellung notwendig, zwei horizontal zueinander versetzte Bilder vor dem Auge des Betrachters zu erzeugen. Es gilt: Je näher das abzubildende Objekt, desto größer der Abstand beider Bilder, weil der Blickwinkel, aufgespannt durch den Fokus auf der linken und rechten Netzhaut unserer Augen, sich vergrößert.
Es gibt verschiedene computergestützte Verfahren, diesen Tiefeneindruck beim Betrachter zu erzeugen. Welches Verfahren gewählt wird, hängt von der Zielgruppe und dem Ausgabemedium ab.
Zunächst die Verfahren, bei denen die Bildinformationen über ein Kabel von der Grafikkarte an das Bildausgabegerät übertragen wird. Als einfachstes Verfahren kann das Anaglyphenverfahren bezeichnet werden. Mittels Komplementärfarben werden zwei Halbbilder erzeugt. Für die Grafikkarte bedeutet dies, dass nur ein Bild erzeugt wird, allerdings ein farbverzerrtes. Weitere gängige Verfahren sind 3D-Polarisations- und Shutterverfahren. In diesen Fällen kommt es zwar nicht zum Verlust an Farbinformation, jedoch zur Reduktion der Auflösung, weil die Bildinformation auf zwei Bilder aufgeteilt wird. Zu den verlustbehafteten Verfahren gehört auch das sogenannte Interlacing, bei dem zeilenweise die Bildinformation für das linke und rechte Auge übertragen wird.
Bei qualitativ höherwertigen Verfahren wird der Informationsgehalt verdoppelt. Dies kann über die Zunahme der Bildwiederholrate geschehen (aktive Shutterbrillen). Dabei werden anstatt der normalerweise üblichen 60 Bilder 120 Bilder pro Sekunde erzeugt, was allerdings die Schnittstelle auch unterstützen muss. Denn ein Monitor lässt sich über HDMI-, DVI- oder Display-Port-Schnittstelle ansteuern – die HDMI-Schnittstelle kommt freilich nicht in Frage, weil 120 Hz nicht akzeptiert werden. Vorsicht ist auch bei DVI geboten. Die Einfachvariante DVI Single Link lässt nur eine Bildfrequenz bis maximal 60 Hz zu, die Dual-Link-Variante verfügt über doppelt so viele Kontakte, so dass sich 120 Hz übertragen lassen.
Eine andere Möglichkeit zur Verdoppelung der Auflösung geschieht über sogenannte HDMI Pack Frames: Es werden zum Beispiel 3840 x 1080 anstatt 1920 x 1080 Bildpunkte übertragen; mit anderen Worten, das Bild wird doppelt so breit übertragen. Das anzeigende Gerät, Projektor oder Monitor, übernimmt dabei die Aufgabe der Bildtrennung.
Bei einem der beiden HDMI-Pack-Frames-Verfahren können maximal 30 Bilder pro Sekunde verarbeitet werden, was im Home- Entertainment-Bereich problemlos anwendbar ist – weil dort ohnehin meist nur 24 Bilder pro Sekunde gezeigt werden –, jedoch im professionellen Umfeld weniger passend, denn bei 30 Hz kann es durchaus zu einem inakzeptablen Ruckeln bei den 3D-Szenen kommen.
Die andere Variante ist hier, beide Bilder zu stauchen. Hierzu wird der quadratische Bildpunkt, der ja zunächst ein 1:1-Seitenverhältnis hat, auf 2:1 komprimiert. Was allerdings mit dem Effekt verbunden ist, dass die Hälfte der Auflösung preisgegeben wird. Das Ergebnis: 60 Bilder werden pro Sekunde mit einer Gesamtauflösung von 1920 x 1080 Bildpunkte übertragen, 860 x 1080 für jedes Bild.
Was ist nun also die beste Konfiguration für eine stereoskopische Anwendung für Profis? „Entweder die Bildwiederholrate verdoppeln oder tatsächlich mit zwei Ausgängen arbeiten“, sagt uns Stefan Hummel, Field Marketing Manager bei der PNY Technologies Quadro GmbH mit Sitz in Würselen. Bei Nvidia nennt sich dies „3D Stereo Clone Mode“, der für die Quadro-Karten geboten wird: Beiden Projektoren wird ein identischer Inhalt geliefert. Leider ist dies auch eine ziemlich teure Angelegenheit.
Nicht verschwiegen werden soll zum Schluss noch ein Verfahren, das im Werbebereich, etwa an Flughäfen in Form von 60 bis 80 Zoll großen TFT-Monitoren, zur Anwendung kommt. Dem Betrachter werden Bildpaare für vorberechnete (mehrere!) Relativpositionen zum Monitor geboten, um einen räumlichen Eindruck zu vermitteln. Der Fokus liegt meist im Bereich von einigen Metern. Der Betrachter muss dabei die Position, an der er die jeweiligen Bildpaare scharf sieht, für sich selbst suchen – in der Regel, indem er sich 20 bis 30 cm hin- und herbewegt. Bis zu 64 derartige Bildpaare werden berechnet, womit der Aufwand dann natürlich auch 64-mal so hoch ist. Dies funktioniert nicht in Echtzeit, sondern für einen zweiminütigen Film sind zuvor drei bis vier Stunden Rechenzeit zu veranschlagen. Weiterer Nachteil bei diesem Verfahren ist: Auflösung geht verloren. Werden tatsächlich 64 Ansichten gleichzeitig gezeigt, ist auch nur ein 64-stel an Auflösung vorhanden.
Übrigens verfügen die Grafikkarten von PNY über eine umfangreiche Dokumentation, die besagt, wie zu den hier beschriebenen Verfahren die Bildinformationen auszugeben sind.

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