Donald Trump und die deutsche Elektroindustrie

FRANKFURT/MAIN, Ende Januar. Der 45. US-amerikanische Präsident Donald Trump steht für einen Isolationismus, der möglicherweise von der Monroe-Doktrin des 19. Jahrhundert inspiriert ist. Das macht die deutsche Wirtschaft mit ihrem exorbitanten Handelsbilanzüberschuss nervös. Auch der bevorstehende (harte?) Brexit vermutlich im Jahr 2019 stimmt hierzulande die Ökonomen nicht gerade hoffnungsfroh, ist doch Großbritannien der fünftwichtigste Handelspartner Deutschlands.

Die wirtschaftspolitische Großwetterlage stand im Mittelpunkt der diesjährigen Auftaktkonferenz des Verbands der Elektroindustrie ZVEI (Frankfurt/Main). Mit rund 181 Milliarden Euro Umsatz für das Jahr 2016 insgesamt steht die Elektroindustrie für rund ein Siebtel der Ausfuhren von Deutschland. In den ersten elf Monaten des vergangenen Jahres, für die bereits präzise Zahlen vorliegen, wurden in die USA elektrische und elektronische Produkte, Systeme und damit verbundene Dienstleistungen von 14,8 Milliarden Euro (plus 1,6 Prozent gegenüber Vorjahr) geliefert, gefolgt von 14,7 Milliarden nach China (plus 7,9 Prozent). Nach Frankreich ist Großbritannien mit 9,0 Milliarden (plus 1,3 Prozent) der viertgrößte Abnehmer heimischer Produkte und Services aus dieser Branche. Angesichts dieser Abhängigkeiten ist die deutsche Elektroindustrie nicht sonderlich an Änderungen interessiert, die zum Beispiel von Trump angemahnt werden. „Unserer Wirtschaft geht es gut und wir müssen uns ändern“, sagte Klaus Mittelbach, Vorsitzender der Geschäftsführung des ZVEI, keinen Zweifel lassend, dass dies kein leichtes Unterfangen werden würde. Ein Grund hierfür liegt in dem vor uns liegenden Zeitalter der Digitalisierung und damit verbundenen disruptiven Verwerfungen sowie der absehbare weltpolitische Klimawandel.

Donald Trump und die deutsche Elektroindustrie
Andreas Gontermann (links) und Klaus Mittelbach vom ZVEI (Bild: Valnion)

Mittelbach betonte, dass „Freihandel und technologischer Fortschritt elementare Treiber von Wachstum und Wohlstand sind.“ Allerdings scheint dies nur eine Seite der Medaille zu sein, denn gerade in den USA und Großbritannien haben sich ja gerade jene sonst eher schweigenden Mehrheiten zu Wort gemeldet, die eben nicht von der Globalisierung profitieren konnten. Und keine Frage, die Digitalisierung wird weitere Löcher in die Geldbörse der mittleren und unteren Gesellschaftsschichten reißen, weil sie geringe Produktivität offenkundig und damit nicht wenige Arbeitsplätze obsolet machen wird.
Am Rande der Veranstaltung wurde übrigens auch die Rolle des ZVEI als Verein diskutiert: Vereine dienen dem Schutz ihrer Mitglieder, war zu hören, Plattformen, die wir in Zukunft immer mehr sehen werden, dienen der Präsentation eigener Leistungen – unter dem Diktat einer verbesserten Vergleichbarkeit freilich. Es wird also spannend.
Auf der anderen Seite meinte Chefvolkswirt Andreas Gontermann, dass die preisbereinigte Produktion der deutschen Elektroindustrie 2017 um 1,5 Prozent auf „endlich wieder 182 Milliarden Euro – dem bisherigen Höchstwert aus 2008 – steigen [könnte]“, wenn alles läuft wie geplant. Die Eigenkapitalquote der deutsche Elektroindustrie liegt bei stattlichen 41 Prozent, die Kapazitätsauslastung bei 86 Prozent (ein guter Wert) und die Umsatzrendite bei 5,8 Prozent (auch da gibt es nichts zu meckern). Außerdem ist die Branche, geprägt von mittelständischem Unternehmertum, für ihre Innovationsfreudigkeit und Agilität bekannt. Mit anderen Worten: Herr Trump, Frau May, wir nehmen die Herausforderung gerne an.

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