Engineering der nächsten Generation

In dieser Rubrik lesen Sie über Nachhaltigkeitstrategien auf Basis von Ressourceneffizienz, Umweltverträglichkeit und ständigen Dialog mit dem Kunden. Diese Themen sind ein Garant für lang anhaltenden Geschäftserfolg – versprochen.

(hr). „Ein sechstes globales Massensterben hat begonnen“, sagte der Chef des Umweltprogramms der UN (UNEP), Achim Steiner, mit wachrüttelnder Stimme. „Fünfmal stand die Artenvielfalt schon am Abgrund, weil Riesenmeteoriten einschlugen, Vulkane Feuer spien oder die Meere anschwollen. Heute aber sind es die 6,6 Milliarden Menschen, welche die Natur in nie dagewesenem Tempo zerstören“, sagte der Umweltpolitiker. Das mag etwas dick aufgetragen erscheinen, aber kein vernünftiger Mensch wagt dieser Aussage zumindest in ihrem Kern zu widersprechen. Und es kommt noch dicker: Bis zum Jahr 2050 sollen 40 Prozent mehr Menschen unseren Planeten bevölkern – das bedeutet, dass weitere 2,6 Milliarden am Wohlstand der Ersten Welt teilhaben wollen. Daraus leiten sich Konsequenzen ab, die das bereits strapazierte ökologische System noch weiter belasten und die begrenzt verfügbaren Ressourcen noch schneller verbrauchen werden. Wir nähern uns also einer Situation, wie sie der Club of Rome 1972 unter dem Slogan Grenzen des Wachstums in einer damals viel beachteten Studie schwarzmalte. Vor allem aber sind es drei Faktoren, die unserer besonderen Aufmerksamkeit bedürfen:

  • Die meisten bisher genutzten Energiequellen werden versiegen beziehungsweise stellen in ihrer Nutzung eine Bedrohung für die Umwelt dar.
  • Fast alle Rohstoffvorräte verringern sich.
  • Die wirtschaftliche Nahrungsbereitstellung stößt an Grenzen.

Diese Randbedingungen werden über kurz oder lang dem bisher oft sorglosen Wirtschaften neue Ziele setzen. Die Bewohner der aufstrebenden Schwellen- und Entwicklungsländer möchten möglichst schnell den Wohlstand vor Ort steigern. Also werden Energie, Nahrung, Rohstoffe in steigenden Mengen benötigt. Allerdings: Wir bewegen uns in einer Biosphäre, die (mit Ausnahme der Solarenergie) ein in sich hermetisch abgeschlossenes System darstellt

Welthandel als Treiber

Der Welthandel wächst seit 1985 jährlich mindestens zwischen 6 und 7,5 Prozent, während die Zunahme der Weltwirtschaft lediglich Steigerungsraten von 3 bis 5 Prozent aufweist. Der Anteil des Exports an der Weltwirtschaft hat sich so seit 1965 von 10 auf inzwischen 35 Prozent gesteigert. Auch wenn sich diese Zahlen durch die gegenwärtige Weltwirtschaftskrise nicht ohne weiteres fortschreiben lassen, ist davon auszugehen, dass dieser Trend in wenigen Jahren wieder beobachtet werden kann, weil es eine systemimmanente Eigenschaft unseres Handelns darstellt.
Das bedeutet: Wirtschaftswachstum ist in erster Linie eine Frage dessen, wie effizient ausländische Märkte bedient werden können. Deutschland zählt zu den führenden Ländern im Welthandel. Seit 1947 Weltmarktführer im Maschinenbau, liegt es im Fahrzeugbau hinter Japan und China an dritter Stelle. Abschätzungen zufolge hängt hierzulande jeder dritte Arbeitsplatz vom Export ab, und über viele Jahre hinweg wäre die deutsche Wirtschaft geschrumpft, wenn sie nicht bis heute so erfolgreich auf ausländischen Märkten wäre.
Ebenso wie Globalisierung zu Wohlstand führt, ist Umweltbelastung eine Folge von Wohlstand. Liegt die Pro-Kopf-Emission von Treibhausgasen in Indien und Indonesien bei 1,1 beziehungsweise 1,5 t/a, entfallen auf einen Bundesbürger rund 10 t/a. Obwohl wir davon ausgehen können, den Klimawandel nicht besonders zu spüren bekommen – ganz anders zum Beispiel in Afrika –, ergibt sich aus unserer Abhängigkeit von der Globalisierung eine moralische Verpflichtung, den Umweltschutz in der Welt voranzutreiben.

Globalisierung keine Phänomen der Neuzeit

Lange vor der heutigen Globalisierung, bereits vor Beginn der Neuzeit, gab es großräumige regionale Handelsrouten. Diese erstreckten sich vom Nahen Osten in die europäischen und afrikanischen Anrainerstaaten. Und wie wir alle wissen, war man damals umweltschonend unterwegs: per Segelschiff oder mit Pferd und Karren. Die Einbindung Asiens in das große Monopoly-Spiel begann, als Marco Polo 1275 seine Chinareise unternahm und später in Europa von seinen dortigen Erlebnissen berichtete. Es entwickelte sich eine „Teilglobalisierung“ in Form der Handelsstraßen über Kontinente (Europa/Asien), die den Austausch von Waren und Wissen ermöglichte. Nachdem Columbus 1492 Amerika angesteuert und Magellan 1521 die erste Weltumseglung begonnen hatte, war der Erdkreis erschlossen: Europa begann, die ganze Welt zu bereisen.
Es gab danach mehrere Zäsuren, die sich beschleunigend auswirkten, beispielsweise ab etwa 1750, als das Handwerk, maschinell „aufgerüstet“ (1765 Dampfmaschine) die Waren schneller und preiswerter herstellen konnte. Oder ab Mitte des 19. Jahrhunderts, als die Kommunikationstechnik (1837 Morsetelegraf, 1876 Telefon) schnellen Informationsaustausch erlaubte und zusammen mit dem modernen Kapitalverkehr den Handel enorm aufblühen ließ. Neben dem gemäßigten Protektionismus (zum Beispiel der Deutsche Zollverein 1834) und der Expansion Europas auf Rohstofflager und Landwirtschaftsflächen in aller Welt waren es vor allem die zahlreichen technischen Innovationen, welche die Produktion erhöhten, den Verkehr und damit den Warentransport verbilligten und beschleunigten (zum Beispiel 1825 die Eisenbahn) – und die Umwelt belasteten.

Wurzeln der Nachhaltigkeit

Der Begriff „Nachhaltigkeit“ wurde bereits um 1560 in der kursächsischen Forstordnung geprägt, um das für den florierenden Bergbau wichtige Holz zu „bleibender beharrlicher Nutzung“ zur Verfügung zu stellen. Genauer ausformuliert wurde die Bedeutung von Nachhaltigkeit in einer Publikation von Georg Ludwig Hartig aus dem Jahre 1795: „Nachhaltigkeit“ bezeichnete er als eine Bewirtschaftungsweise eines Waldes, bei der immer nur so viel Holz entnommen wird, wie nachwachsen kann, so dass der Wald nie zur Gänze abgeholzt wird. Heute gilt die Beschreibung von Konrad Ott: „Regenerierbare lebende Ressourcen dürfen nur in dem Maße genutzt werden, wie Bestände natürlich nachwachsen.“

Was zu tun ist

Aufgrund seiner Ingenieurkultur bieten sich für Deutschland insbesondere folgende Handlungsfelder an, auf denen man freilich bereits aktiv ist:

  • optimierter Einsatz und Nutzung vorhandener Ressourcen, wie Baustoffmineralien oder Wasserwirtschaft
  • Streckung der Reichweite fossiler Rohstoffe durch verbesserte Wirkungsgrade bei ihrer Umwandlung in Energie
  • deutlich verbesserte Nutzung der Abwärmeenergie
  • Steigerung der landwirtschaftlichen Erträge pro Fläche.

Auch müssen unter anderem die folgenden Aufgaben, die indirekt der Schonung der endlichen Wertstoffe dienen, in Angriff genommen werden:

  • intensive Weiterentwicklung der Anlagen zur Gewinnung erneuerbarer Energien
  • Entwicklungen auf dem Gebiet
  • leistungsstarker, betriebssicherer Batterien als Stromspeicher
  • Entwicklung abgasfreier, energiesparender Straßenfahrzeuge und emissionsarmer Antriebe von Schiffen und Flugzeugen
  • Bau von verschleißarmen und energiesparenden Maschinen und Geräten.

Das Interesse an umweltschonenden Technologien hat in den vergangenen Jahren immens zugenommen, wie der Erfolg des Toyota Prius beweist. Nun gilt es, Wirtschaftlichkeit durch akzeptable Preise sicherzustellen. Die etwaigen Mehrkosten müssen dem Verbraucher durch wirkungsvolle Marketingkonzepte plausibel gemacht werden.

Die neue New Economy heißt Green Economy

Obwohl bei der Diskussion um Umweltschutz und Nachhaltigkeit viel Politik im Spiel ist, geht es doch um harte Fakten: die Reduktion des Ausstoßes von Treibhausgasen und die Einsparung von Ressourcen. In beiden Fällen kann das Engineering mit „Green-PLM“ einen substanziellen Beitrag leisten. Lesen Sie mehr hierzu in der Cover Story von Economic Engineering 2/2009.

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Green_PLM_Cover_EE0209

Automobilindustrie stellt sich Herkulesaufgabe

Die aktuelle Wirtschaftkrise beschleunigt Maßnahmen weg von einer vagen CO2-Diskussion hin zu einer von der Politik flankierten, klar fokussierten Vorwärtsstrategie der Automobilindustrie. Dabei geht es nicht nur um eine auf Nachhaltigkeit ausgelegte Mobilität der Zukunft, sondern auch um Erhalt und Steigerung des Spaßfaktors beim Fahren. Dabei sind eine ganze Reihe von Herkules-Aufgaben zu bewältigen. So ist die Stabilisierung des elektrischen Speicherprozesses in einem fahrenden System ebenso fordernd wie vor 100 Jahren die Stabilisierung des thermodynamischen Verbrennungsprozesses. Lesen Sie hierzu den Leitartikel zum Themenschwerpunkt „Green Powertrain” aus ECONOMIC ENGINEERING 2/2009.

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Green_PT_EE0209

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