Im Wettbewerb um das optimale Leichtbaukonzept

Im Wettbewerb um das optimale Leichtbaukonzept

UNTERSCHLEISSHEIM, Anfang Juli (bv). Simulation und Berechnung sind aus vielen Anwendungsfeldern des Leichtbaus nicht mehr wegzudenken. Flugzeuge, Automobile, Schienenfahrzeug oder gar Schiffe werden inzwischen mittels FE-Simulationen analysiert und optimiert. Typische Aufgabenstellungen hierbei sind die Untersuchung komplexer Strukturen unter Berücksichtigung großer Deformationen, die Auswahl und Beschreibung der Materialien wie Aluminium und Magnesium, Kunststoffen oder Composites, die Auswahl und Bewertung der Verbindungen und die Strukturbewertung hinsichtlich Ermüdung oder Risswachstum. 
Gerade Altair Engineering, Inc. mit Sitz in Troy im US-amerikanischen Bundesstaat Michigan hat sich mit seinem Angebot für die Analyse, wie Inspire (Konzeptfindung), Optistruct (Konzeptfindung, Strukturanalyse, Strömungssimulation, Thermo- und Compositeanalyse) sowie der Solver Radioss (Strukturanalyse, CFD, Thermo-, Composite- und Crashanalyse) eine guten Namen gemacht. Nicht vergessen werden dürfen Optistruct (Solver) und Hyperstudy (solverneutrale Software für Design-Studien) für praktisch alle Anwendungsfälle im Bereich der Optimierung. 
Der Systemanbieter hat inzwischen beachtliche Anteile am Markt für Berechnungswerkzeuge errungen, wovon das vergangene europäische Anwendertreffen „Altair Technology Conference 2014“ deutlich Zeugnis ablegte. Es fand vom 24. bis 26. Juni im Dolce Hotel im Norden Münchens statt. In insgesamt 15 sogenannten Technical Sessions mit über 90 technische Präsentationen wurde branchenübergreifend der Leichtbau aufgegriffen, der gerade durch die aufkommende Industrialisierung der Additiven Fertigungsverfahren im Sinne von Prozesssicherheit einen gewaltigen Schub erhalten hat. Die Konstruktionsabsicht, Gewicht einzusparen, ist ein Paradebeispiel für „Simulation-driven Design“, das auf der Konferenz intensiv diskutiert wurde.
Wer könnte trefflicher die Genese der Unternehmung Altair beschreiben, als der Firmengründer James R. Scapa selbst? Seine Keynote blickte hinter die Kulissen einer Firma, die in den vergangenen Jahren einen raketenartigen Aufstieg geschafft hatte: 1985 gegründet, beschäftigt man inzwischen weltweit in 22 Geschäftsstellen rund 2.200 Ingenieure. Auf die 300 Millionen US-Dollar, die in diesem Jahr an Umsätzen erwirtschaftet werden, entfallen 76 Prozent aus dem Bereich Software und 8 Prozent für Software-nahe Dienstleistungen. Den Rest machen Engineering-Dienstleistungen aus, die von 700 Mitarbeitern erbracht werden. 
Zufrieden verkündete Scapa, dass die Übername von EM Software & Systems (EMSS) aus Kapstadt, Südafrika, abgeschlossen sei. Mit der Integration wird die HyperWorks Suite nun um den EMSS-Solver Feko ergänzt. Typische Anwendungen von Feko finden sich im Bereich von Antennen-Design und -platzierung, elektromagnetische Verträglichkeitsanalysen, Bioelektromagnetismus, Hochfrequenzkomponenten, elektromagnetischen 3D-Schaltungen, von Auslegung und Analyse von Radomen sowie Radarrückstreuanalysen. 
Als weitere Keynote-Sprecher folgten die beiden Chief Technology Officer James Dagg und Uwe Schramm. Dagg übernahm den Part des Visionärs, während Schramm konkreter auf Features & Functions, etwa beim neuen Release 13 der HyperWorks Suite (Schramm: „Your Platform for Innovation“) zu sprechen kam. Gearbeitet wird unter anderem an der Integration von Solid Thinking Inspire (Release 2014) und OptiStruct (13.0), an zusätzlichen Funktionen für die Ergebnisaufbereitung und an der sogenannten Multi-Modell-Optimierung, so dass man zum Beispiel gleichzeitig ein 8-Zylinderblock und das 6-Zylinder-Derivat davon nach bestimmten Kriterien optimieren kann. Bekanntermaßen ist seit der Version 12 eine neue grafische Benutzerführung von HyperWorks verfügbar. Ganz nach unseren Geschmack ist übrigens die PLM-Anbindung der Systeme Windchill und Teamcenter, so dass Meta-Daten zu weiteren Dokumentation in den Simulationsprozess übernommen werden können. Der Vernetzer HyperMesh wird mit dem neuen Release über Funktionen der Direktmodellierung verfügen, so dass es nicht mehr notwendig ist, zurück in die MCAD-Anwendung zu springen, um Geometrieanpassungen durchzuführen. Dies geschieht nun direkt in HyperMesh.

Porsche und Ferrari im Rennen um Leichtbau

Der erste Sprecher seitens der industrielle Anwendung war Philipp Berendes vom Sportwagenhersteller Porsche. Berendes sprach über konzeptuelle Gewichtsoptimierung, womit wir wieder beim Thema Leichtbau wären. Berendes tastete sich an dieses anspruchsvolle Thema von der methodischen Seite heran. Immerhin setzte Porsche über die vergangenen Jahre hinweg 50 000 Sportfahrzeuge 911, Cayman und Boxster ab, die jeweils in ihren Segmenten zu den leichtesten Fahrzeugtypen gehören.
Laut Berendes werden beim Sportwagenhersteller Zonen definiert, die besonderen Einfluss auf die Gewichtsoptimierung im Kontext von typischen Charakteristika eines Porsche haben. Natürlich spielen auch die damit verbundenen Kosten bei der Untergliederung eine Rolle. Zum Beispiel ist Motor und Getriebe in der hinteren Zone lokalisiert. Dabei muss beachtet werden, dass gerade in dieser Zone eine Substitution von Material sich destabilisierend auf das gesamte Design auswirken kann.
Um ein möglichst gewichtsoptimiertes Design zu erhalten, wird eine Art Wettbewerb von konkurrierenden Konzepten durchgeführt. Dann folgt die Integration von Funktionen auf Gesamtfahrzeugebene). Im Anschluss werden Verfahren zur Strukturoptimierung angewandt. Übrigens machte Berendes keinen Hehl daraus, dass Gewichtstreiber unter anderem all die neuen Assistenzsysteme und natürlich die Hybridisierung des Antriebsstrangs sind. Der CAE-Manager wünscht sich von Altair die Möglichkeit, dass im Code eine bereits optimierte Struktur als Ausgangspunkt für weitere Optimierung verwendet werden kann. Nachdem es derzeit ein großes Engagement um die Industriealisierung von Carbon-fiber-reinforced Plastics (CFRP) gibt, ist auch die Simulation und Berechnung aufgefordert, ihren Beitrag für die Funktionsabsicherung bei Einsatz derartigen Materialien zu leisten, so Berendes.
Von ähnlicher Qualität war die Präsentation vom Rohkarosserieexperten Max Szwaj, der die Leichtbau-Strategie von keinem geringeren als Ferrari vorstellte. Die Zusammenfassung dieses Vortrags muss allerdings der übernächsten Ausgabe von ECONOMIC ENGINEERING 6/2014 vorbehalten werden, die sich im größeren Stile der Entwicklungsmethodik rund um Leichtbauanwendungen in der Automobilentstehung widmet. Sie erscheint am 29. September.

Fazit

Die 7. European Altair Technology Conference, die rund 600 Ingenieure, Manager und Simulationsexperten in den Norden der bayerischen Landeshauptstadt zog, war ein voller Erfolg. Die Konferenz begann mit verschiedenen Seminaren, Produkttrainings und einer Podiumsdiskussion zu “The Next Big Idea”. Während der Podiumsdiskussion konnten die Teilnehmer aus den Bereichen Additiver Fertigung, Luft- und Raumfahrt und Automobilbau ihre aktuellen Projekte vorstellen. Insgesamt hat sich gezeigt, dass sich die Veranstaltung von einer reinen Anwenderkonferenz für CAE-Spezialisten zu einer der wichtigsten europäischen Veranstaltungen zur Unterstützung der Produktentstehung weiter entwickelt hat.

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