Ökosysteme im Mittelstand

In Zeiten des disruptiven Wandels stellt sich für viele mittelständische Firmen die Frage, wie sie ihren Vorsprung halten und ausbauen können. Der Ökosystem-Ansatz ist hierfür eine Möglichkeit, liefert er doch neue Modelle, die eine Vielzahl von Marktteilnehmern ins Boot holen und über digitale Plattformen miteinander vernetzen. Das Konzept der Ökosysteme ist insbesondere in den letzten zwei Jahren wichtiger geworden und hat weite Teile der Wirtschaft umgestaltet. Für einen Großteil des Mittelstands in Deutschland ist das Prinzip allerdings noch Neuland. Über die Hälfte (53%) der Mittelständler erkennt die steigende Bedeutung von Unternehmensnetzwerken, die sich maßgeblich von bisherigen Verbünden und klassischen Wertketten unterscheiden, und will sich dort stärker einbringen. Gleichwohl können 83 Prozent der Befragten mit dem Begriff „Ökosystem“ in diesem Zusammenhang bisher nichts anfangen und nur 17 Prozent ist der Begriff geläufig. Und gar bei nur acht Prozent der Unternehmen bildet eine digitale Plattform die Basis eines unternehmerischen Ökosystems. Das sind die zentralen Ergebnisse der Deloitte-Studie „Digitale Strategien im Mittelstand – Ökosysteme, neue Geschäftsmodelle und digitale Plattformen“.

Was besagt das der Biologie entlehnte Bild vom Ökosystem? Es handelt sich um ein reichhaltiges, adaptives und widerstandsfähiges Geflecht von Organismen. Sie stehen in verschiedenen Wechselbeziehungen – von Symbiose über Kollaboration bis zu Wettbewerb. Ähnlich fruchtbar ist auch das Umfeld heutiger Unternehmen. Diese müssen nur ihr Selbstverständnis ändern, denn sie sind kein abgekapseltes System mehr, das sich durch Abgrenzung zu externen Experten und Wettbewerb definiert. „Der Mittelstand befindet sich in einer Transformationsphase. Er weiß im Prinzip um die Bedeutung von Ökosystemen oder ahnt es zumindest. Auch zeigen die Ergebnisse eine intensive Beschäftigung mit dem Thema. So partizipieren einige Unternehmen bereits heute parallel an mehreren Ökosystemen oder bauen sogar eigene auf“, erklärt Lutz Meyer, Leiter Mittelstandsprogramm bei Deloitte.

Ökosysteme können neue Potenziale fürs Geschäft erschließen

Viele Mittelständler (58%) setzen bis heute auf eine hohe Fertigungstiefe. Sie agieren mehrheitlich als Integratoren und damit als Inhaber und Kontrolleure der Wertschöpfungskette. Bei den erfolgreichen Unternehmen der Studie ist dieser Anteil sogar überdurchschnittlich hoch. Dies muss kein Widerspruch zum Modell erfolgreicher Unternehmen der Plattform-Ökonomie sein. Denn diese erweitern ihre Geschäftsmodelle in neue Dimensionen.

Schon heute verkaufen fortgeschrittene Player längst nicht einfach mehr nur linear Produkte und Dienste. Sie denken mehrdimensional und werden zum Anbieter von komplexen Lösungen. Diese Meinung scheint sich auch im Mittelstand durchzusetzen. So haben sich 55 Prozent der Befragten aktiv entschieden, sich in Ökosysteme einzubringen. Und im Rahmen einer Einteilung in besonders erfolgreiche und weniger erfolgreiche Unternehmen zeigt sich, dass 78 Prozent der erfolgreichen Firmen Ökosysteme wichtig finden, bei den weniger erfolgreichen sind es acht Prozentpunkte weniger.

Mittelständler bauen eigene Plattformen auf

Plattformen bilden das Zentrum international marktbeherrschender Konzerne. Dank dieser profitieren die Konzerne von einer besseren Integration aller Leistungen sowie neuen Möglichkeiten der Wertschöpfung. Immerhin vernetzen bereits 36 Prozent aller Mittelständler ihre Wertschöpfungspartner über eine Plattform, 34 Prozent entwickeln in diesem Kontext ihre Technologien. Generell nutzen erfolgreiche Akteure doppelt so häufig eine Plattform wie ihre weniger erfolgreichen Pendants.

Potenziale übersteigen aus Sicht des Mittelstands die Risiken

Von Produktion bis Marketing, von Entwicklung bis Support, vom Handel über Automobilzulieferer bis zum Dienstleister: Entlang der gesamten Wertschöpfungskette und in fast allen Branchen eröffnen Ökosysteme neue Perspektiven für Mittelständler. Bei der größten Wirkung von Ökosystemen bzw. Plattformen sehen sie neben besseren Kundenbeziehungen, optimierter Produktentwicklung und höherer Prozesseffizienz auch eine nachhaltige Optimierung der unternehmerischen Prozesse (73%), die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle (58%) sowie die gesteigerte Effizienz in der Produktentwicklung (52%). Auf der anderen Seite befürchten sie aber auch einen hohen Abstimmungsbedarf sowie eine Gefahr für die Datenintegrität. Insgesamt überwiegen aber die Chancen und Möglichkeiten. Bemerkenswert: Vor allem die erfolgreicheren Mittelständler sehen einen Nutzen nicht nur für die Share-, sondern auch für alle anderen Stakeholder, also den Dreiklang von Ökonomie, Ökologie und Gemeinwesen. „Mittelständische Ökosysteme sind heute noch vergleichsweise übersichtlich – die Zahl der Akteure bleibt einstellig. Was der Mittelständler jetzt in Angriff nehmen sollte, ist die Prüfung der strategischen Konsequenzen und technischen Umsetzbarkeit einer eigenen Plattformlösung, die Forcierung der Digitalisierung im Unternehmen sowie die Verbindung des entstehenden Ökosystems mit einer neuen, adäquaten Führungsstrategie, -struktur und -kultur fürs Unternehmen“, resümiert Meyer.

Die kompletten Studie finden Sie hier zum Download.

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