PLM vollzieht Generationswechsel

BERLIN, Mitte Mai (bv). Vereinsvorstand Ulrich Ahle war sich sicher: Das 14. Prostep-Ivip-Symposium hat eine historische Dimension erreicht, denn erstmals konnte man mehr als 500 Teilnehmer zu dieser Jahresveranstaltung zählen. Und in der Tat, die Statistik gibt Bemerkenswertes her: 156 Unternehmen und 12 Forschungsinstitute waren vertreten, mehr als je zuvor. Auch die Ausstellerzahl von 32 stellt einen neuen Rekord dar. Damit ist die Veranstaltung die bedeutendste der PLM-Branche in dem Sinne, dass sie sich eben nicht nur auf das Portfolio nur eines Systemanbieters beschränkt. Wenn man so will, ist es ein intellektuelles Kräftemessen in Sachen PLM auf höchstem Niveau. Freilich sollte man sich dabei stets bewusst sein, dass nur das PLM der Großen und Mächtigen zur Sprache kommt, PLM für den kleineren Mittelständler sucht man dort vergebens.
Es ist aber eine andere als die bereits erwähnten Zahlen, die zusätzliche Aufmerksamkeit verdient: 2,5-mal mehr Vorträge wurden für das Symposium eingereicht als abgehalten werden konnten, was den Veranstalter in die komfortable Lage versetzte, nur für die besten davon die Bühne frei zu räumen. Hauptsponsor Dassault Systèmes hatte folglich ein glückliches Händchen bei seiner Investition ins Marketing, nutzte allerdings nicht zur Gänze die Gelegenheit, sich der PLM-Community im besten Lichte zu präsentieren. Zwar war die Eröffnungsrede von Dominique Florack, Entwicklungschef des Systemanbieters, reichlich garniert mit Anwendungsbeispielen zu den Vorzügen von integrierten Prozessketten auf Basis von funktional umfangreich abgesicherter Berechnungsmodelle, jedoch fehlte der rote Faden in seiner Argumentation, was Dassault Systèmes für den Kunden nun tatsächlich so attraktiv mache. Bei der enormen Breite des Portfolios stellt dies den Redner freilich vor eine große Herausforderung, in etwas mehr als einer halben Stunde eine runde Story zu PLM-Anwendungsszenarien aus den insgesamt 12 adressierten Branchen zu vermitteln. Was zumindest klar durch die Ausführungen Floracks wurde, ist, dass Dassault Systèmes die Leadership bei Systems Engineering durch eine neue „Next Generation Business Platform“ beansprucht, die vor allen Dingen eines dem Kunden bieten will: Die Möglichkeit nämlich, sich von Datei-zentrierten IT-Unterstützung endgültig zu verabschieden zu können. 
Einen nicht ganz so strategischen Charakter hatte der anschließende Vortrag von Christian Ley von Brose. Brose fungierte als Industriepartner, was bedeutet, nicht mit Geld, dafür aber um so mehr mit guten Worten parat zu stehen. Ley wies auf die enorme Produktvielfalt hin, mit der inzwischen 5 Milliarden Euro schwere Zulieferer konfrontiert sei. Ley nutzte markige Worte, um seinen Erfahrungen Ausdruck zu verleihen: „Wir setzen volle Kanne auf Standardisierung, um eine barrierefreie Kommunikation zu ermöglichen“ und gab einen Tipp, denn gewiss jeder im Saal auch beherzigte: „Sinn vermitteln und portionieren, so dass bloß keine langen Strecken entstehen.“ Gemeint war damit, dass bei der Einführung eines PLM-Systems eine Change-Management-Prozess angestoßen werden sollte, bei dem die Anwender stets das Ziel insgesamt vor Augen haben und immer wieder Teilerfolge verbuchen können. Brose nutzt Enovia V6, um seine 2000 Lieferanten mit Daten zu versorgen. 
Den Reigen der Plenarvorträge beendete schließlich Frank Wagner vom Fraunhofer IAO. Wagner blickte auf das Themenmonster „Industrie 4.0“ erfrischend kurzweilig durch die Perspektive „Mensch“ und vergaß dabei nicht, PLM an seine neuen Aufgaben zu erinnern, die durch Industrie-4.0-Szenarien auf es zu kommen werden – zum Beispiel die vermehrte Integration von Web Services oder die Abbildung neuer Standards für Safety und Security sowie die Möglichkeit der kontinuierlichen Validierung von Virtual- und Real-Production-Prozessen. Überhaupt sollte man sich überlegen, so Wagner, ob der gute alte Stage-Gate-Prozess, der immerhin schon gut 30 Jahre auf dem Buckel hat, weiterhin als Grundlage für den Produktentstehungsprozess dienen sollte, oder ob nicht ein Schuss Scrum-Methodik hilft, die erfolgreich in der Software-Entwicklung angewendet wird, die neuen Entwicklungsaufgaben besser zu meistern.
Und war noch ein Detail, das einen interessanten Schluss zulässt: Der Veranstalter wollte dem Event einen neuen Anstrich geben und mehr Feedback in Echtzeit abfragen. Hierzu wurde eine Internet-basierte Ted-Umfrage eingeführt, die auch prompt Überraschendes zutage brachte: Mehr als 40 Prozent der Teilnehmer waren zum ersten Mal auf dem Symposium, was als Indiz gewertet werden kann, dass es dem Prostep-Ivip-Verein und der PLM-Branche insgesamt gelang, den Generationswechsel zu vollziehen.

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