Stabwechsel bei Solidworks

Lebten alle Anwender des CAD-Systems Solidworks in einer Stadt, müsste es schon Chicago sein, das mit seinen rund 2,8 Millionen Einwohnern als drittgrößte in Nordamerika gilt. Diesen beeindruckenden Vergleich nutzte Betrand Sicot, der aus dem Amt scheidende CEO der Solidworks Corp. (SW) mit Sitz in Waltham im US-amerikanischen Bundesstaat Massachusetts, für den Auftakt zur diesjährigen weltweiten Anwenderkonferenz Solidworks World 2015 in Arizona vor rund 5500 Teilnehmern. Sein Auftritt war freilich nur kurz und diente eher der Vorbereitung jenes von Bernard Charlès, CEO und President der Konzernmutter Dassault Systèmes, die gerne Solidworks lediglich als eine von neun Marken verstanden wissen will. Aber Solidworks ist etwas ganz Besonderes. Nicht nur, weil es innerhalb des Konzern so unglaublich erfolgreich ist, sondern auch deswegen, weil es ein Synonym für Ingenieursleidenschaft ist („Passon for Design“).
Bernard Charlès lobte Sicots für sein Engagement in den vergangenen vier Jahren als CEO von SW. Wie in den Jahren zuvor genoss Charlès das Bad in der Menge: „It is not only about software, it is about people.“ Und wie gewohnt sprach Charlès von „3D Experience“ und einer „Smart connected World“, etwa, in dem er das Beispiel Armbanduhren von Bryo zitierte, die sich mit Google-Brillen vernetzen lassen. Hierzu wurde in einem Video gezeigt, wie ein Jogger sich in die Brille aktuelle Daten von sich selbst, etwa Puls und Herzfrequenz, aber auch Informationen von seiner unmittelbaren Umgebung projizieren lies. Allerdings stellte sich dieses Beispiel im Nachhinein als Fake heraus, denn es gar keinen Hersteller Bryo, sondern dieses Anwendungsszenario stammt aus der konzerneigenen Ideenschmiede.
Dieses Beispiel ist ein Stück weit typisch für die Keynote-Sessions auf der Solidworks World. Es wird über Themen gesprochen, die zwar interessant und visionär klingen, das Geld freilich an ganz anderer Stelle verdient wird, nämlich mit dem ganz normalen CAD-Geschäft. Kein Wunder auch, dass der Event traditionsgemäß nicht erst am Montag, sondern bereits am Sonntag zuvor beginnt und am darauffolgenden Mittwoch endet. An Sonntag werden die wichtigen Zertifizierungsprüfungen abgehalten, am Mittwoch wird eine Vorschau auf den neuen Jahrgang von Solidworks gegeben. Bereits Firmengründer und erster CEO, Jon Hirschtick, legte großen Wert auf die Weiterbildung im Umgang mit Solidworks, nicht nur der eigenen Mannschaft, sondern auch der Vertriebspartner.
Überraschenderweise war auch Charlèsens Rede nur von kurzer Dauer und es wurde für Gian Paolo Bassi die Bühne freigeräumt, dem neuen CEO von SW. Der Italo-Amerikaner ist eigentlich genau richtig der richtige Mann für den Job, wie er auch während des Events bewies, denn sein Herz schlägt in der Tat für 3D-Design. Er kam nicht so spröde wie Sicot rüber. Allerdings unterlief dem frisch gebackenen CEO gleich zu Anfang ein Fauxpas: „Wir wollen die Zukunft beeindrucken und wir wollen, dass Sie die Zukunft beeindrucken, ,but we respect the legacy.‘“ Mit „Legacy“ meinte Bassi die On-premise-Lösungen von Solidworks, mit anderen Worten: die bereits installierte Basis. Nun wird „Legacy“ jedoch eher mit in die Jahre gekommene IT-Infrastruktur in Verbindung gebracht, die am besten ausgetauscht werden sollte, und nicht mit „Investitionsschutz“. Dies korrigierte Bassi anschließend auch wieder. Und es wurde ihm verziehen. Bassi ist seit rund dreieinhalb Jahren für die Entwicklung bei SW verantwortlich und hatte damals Austin O’Malley als Executive Vice, President Research and Development abgelöst.

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