Zwei Backbone-Systeme mit einem Ziel

Die Vaillant Group macht sich fit für die Digitalisierung, indem es PLM auf Basis von PTC Windchill und SAP MDG-M einführt. Bericht über die erste Phase des ehrgeizig ausgelegten Harmonisierungsprojekts.

Das Produktportfolio der Vaillant Group (Remscheid) deckt markenübergreifend die gesamte Palette moderner Heiz-, Lüftungs- und Klimatechnik ab, schließlich positioniert man sich als Komplettanbieter. Zum Kerngeschäft zählen wandhängende und bodenstehende Heizgeräte auf der Basis von Brennwerttechnik, Solarthermie-Anlagen, Wärmepumpen, Pelletheizungen, Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen, Klimaanlagen und produktbezogene Dienstleistungen. Die Gruppe bündelt acht internationale Marken unter einem Dach: Vaillant, Saunier Duval, AWB, Bulex, DemirDöküm, Glow-Worm, Hermann Saunier Duval und Protherm. Sie sind vertrieblich getrennt in mehr als 60 Ländern präsent. Knapp 13 000 Mitarbeiter arbeiten rund um den Globus für die Vaillant Group. Das Unternehmen hat mit rund 800 Mitarbeitern an sieben Standorten weltweit eines der größten Entwicklungsteams der Branche. 2016 erzielte das familiengeführte Unternehmen einen Jahresumsatz von rund 2,4 Milliarden Euro.

Als Motive für den Rollout von PLM bei der Vaillant Group und damit verbunden die Umsetzung einer langfristig angelegten Digitalisierungsstrategie begegnen uns alte Bekannte: Reduzierung der Produktkomplexität und Time to Market, Einführung von Systems Engineering und smarten Produkten für eine optimale Customer Experience. Im Rahmen eines Webinars stellte Christian Willmann, Head of Business Application PLM beim Global Player, den Stand der Implementierung vor und gab einen Ausblick auf die nächsten Schritte. Willmann betonte, dass PLM bei der Vaillant Group aus der System- und Prozesssicht betrachtet werde, es sich dabei also nicht nur um die Einführung neuer Tools handele, es vielmehr darauf ankomme, PLM ganzheitlich in der gesamten Organisation zu verankern.
Während SAP als ERP-Backbone seit 20 Jahren gesetzt ist, war bis 2015 die Tool-Infrastruktur in der Produktentwicklung sehr fragmentiert. Viele Tools und der Umgang mit Excel machten es schwer, auf den aktuellen Stand von Produktdaten zweifelsfrei zuzugreifen. Immerhin: die Vaillant Group ist ein treuer Kunde von PTC (Needham, US-Bundesstaat Massachusetts), hat man doch seit Mitte der 1990er Jahre das MCAD-System Pro/Engineer (heute Creo) und seit 2008 Windchill PDMLink zur CAD-Datenverwaltung im Einsatz.
Die bis 2025 skizzierte PLM-Roadmap mit den integrierten Lösungen von PTC Windchill und SAP gliedert sich in drei Abschnitte:

  • PLM Setup (2015 bis 2017)
  • PLM Project II (anschließende 30 Monate)
  • PLM Phase III (endet 2025).

Der Auftakt wurde im vergangenen Jahr auch im Sinne von Data Governance abgeschlossen. Er umfasst die Abbildung der Materialdaten- und Stücklistenerzeugung, des Dokumentenmanagements sowie der Integration des Änderungsdienstes (Engineering Change Management, ECM) und der Erstbemusterung (Vaillant Group Parts Approval, VGPA) in PTC Windchill. Darüber hinaus wurde ein Workflow-basiertes Master Data Governance Management (SAP MDG-M) eingeführt, „so dass wir jetzt insgesamt eine Grundlage für PLM geschaffen haben, bei der die Materialerzeugung und Stücklistenerzeugung konsistent abgebildet ist“, erklärt Willmann und fügt hinzu: „Die Güte und Vollständigkeit der Stammdaten ist entscheidend für die weiteren Schritte der Digitalisierung!“

Die Stammdaten werden über das SAP-System bereitgestellt. Sie umfassen alle Informationen, die die Klassifizierung eines Produkts ausmachen, auch Zuordnung der Fertigungswerke. Der Pflegeprozess von in PTC Windchill erstellten und nach SAP übertragenen Materialien in SAP MDG-M ermöglicht die Einführung klar definierter Verantwortlichkeiten entsprechend den Geschäftsregeln und Prozessen. MDG bietet domänenspezifische vordefinierte Anwendungen zur änderungsantragsbasierten Bearbeitung der Stammdaten mit Funktionen für Workflows, Staging, Genehmigung, Aktivierung und Verteilung. Willmann sagte, dass die Materialdaten nur zu 10 bis 20 Prozent manuell vervollständigt werden müssten.

Die bestehenden Stammdaten befinden sich freilich in einer sehr unterschiedlichen Ausgangsqualität, wie Willmann betont, „was die Datenmigration zu einer Herausforderung macht.“ Dies ist auch dadurch bedingt, das die Vaillant Group nicht den Standard-SAP-Materialtyp benutzt. In Kleinarbeit muss untersucht werden, welche Materialien im Einzelfall wirklich relevant sind und welche Ergänzungen sie noch benötigen.

Leistungsfähige Schnittstelle schlägt die Brücke

Es gibt folglich zwei führende Systeme bei der Vaillant Group: Windchill für die Definition der Materialdaten, Stücklisten (Konstruktion & Fertigung), das Änderungs- und Dokumentenmanagement und SAP für die Ressourcenplanung beziehungsweise Fertigungssteuerung. In SAP wurden Automatismen für die standardisierte Anlage von sogenannten Referenzmaterialien geschaffen. Dies umfasst auch genormte Logistikflüsse, etwa, wie ein Material vom Unternehmen zum Kunden gelangt.
Willmann bezeichnet den in Windchill abgebildeten Single-Source-of-Truth-Ansatz als einen von vier PLM-Kernelementen bei der Vaillant Group: Mehr als 30 Projekt- und Produktinformationstypen sind in Windchill hinterlegt und eine Untermenge davon wird für weitere Prozessschritte an SAP übergeben. „Wir sprechen nur noch von einem Material- oder Dokumentstatus, der dessen Reifegrad im Produktlebenszyklus beschreibt, ganz gleich, in welchem System er abgebildet ist.“

Rückblick und Ausblick

„Mit einer starken Historie mit PTC und SAP haben wir unsere PLM-Initiative begonnen, mit dem Ziel, eine noch bessere und effizientere Produktentwicklung zu erreichen. Uns ist klar, dass dies die Arbeit bei der Vaillant Group nachhaltig verändern wird“, sagt der Manager mit Nachdruck.
Die Designphase war erst der Einstieg in die PLM-Journey bei der Vaillant Group und verbunden damit die Prozessharmonisierung der beiden Systeme SAP und Windchill. In einer ersten länderübergreifenden Schulung wurde rund 1 300 Anwendern die integrierte PLM-Infrastruktur vorgestellt. Doch damit ist es noch nicht getan, wie Willmann betont, denn die Arbeitsweise werde weiter trainiert. In der kommenden Phase 2 soll die Themen Produktplattform, Produktanalyse (Compliance, Kosten, Nachhaltigkeit) und Anforderungsmanagement verstärkt angegangen werden. Neben PTC als PLM-Systemanbieter setzt die Vaillant Group auf NET (Hamburg) als Implementierungspartner. Produktiv geht die Lösung mit neuen Entwicklungsprojekten, was derzeit rund ein Viertel der entsprechenden Aktivitäten ausmacht. Man beachte: Auch andere technische Bereiche arbeiten mit Windchill, etwa die Fertigung, wenn ein technisch motivierter Änderungsprozess angestoßen werden soll.

Für das Reporting des Engineering Change Management befindet sich derzeit eine ThingWorx-Applikation, integriert in Windchill und abgeglichen mit Informationen aus Projektplanung und SAP, in der Evaluierungsphase. (bv)

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