Für uns Menschen gibt es keinen Planeten B

Bericht über die Konferenz „Manufacturing in the Age of Experience“ von Dassault Systèmes

SHANGHAI, Ende September (bv). Wohl keine andere Wirtschaftsnation hat sich so konsequent der Nachhaltigkeit und Digitalisierung im Bereich der Fertigung verschrieben wie China. Dies ist im aktuellen Fünfjahresplan ausgiebig nachzulesen und es war ein deutlich zu vernehmender Tenor auf der diesjährigen Konferenz „Manufacturing in the Age of Experience“ in der größten Stadt der Welt. Dassault Systèmes (DS), der Veranstalter des zweitätigen Events, genießt hohes Ansehen im Reich der Mitte, gerade mit seinem Delmia-Portfolio, und kann die Marktführerschaft im PLM-Segment dort für sich beanspruchen.
Man konnte nur den Hut ziehen vor der erlesenen Auswahl an Sprechern auf der Konferenz, alles Manager von Firmen und Organisationen mit Rang und Namen: Ke Wang, Accenture; Michael Larrson, ABB; Mark Chen, Huawei; Albert Pozo, SATS; Yunghou Wang, China Center for Information Industry Development; Dongxu Yang, FAW; Robert Parker, IDC.

Für uns Menschen gibt es keinen Planeten B

Der Auftakt von Guillaume Vendroux (Bild oben), CEO der DS-Marke Delmia, war geschickt gewählt, stellte er doch drei „Ps“ in das Zentrum der Betrachtungen: People, Planet, Profit. Vendroux ging den tragenden Säulen der Nachhaltigkeit auf den Grund. Bei „People“ ging es ihm um die Arbeitskräfte der Zukunft, um Arbeitsplatzsicherheit, den Möglichkeiten einer umfassenden Kollaboration, der Befähigung, eigenständige Entscheidungen zu treffen (Autonomie) und die Sicherheit, dass sie ihren Job auch tatsächlich richtig machen. „Gute Fertigung ist eine schlanke Fertigung“, sagte der CEO und verwies im gleichen Atemzug auf die sieben Arten der Verschwendung (Mudas), denen es gerade in weltweiten Produktionsverbünden den Kampf anzusagen gelte: Bestände, Bewegung, Warten, Überproduktion, unnötige Prozesse, Ausschuss. Die wohl markanteste Aussage – übrigens vom Event insgesamt – war: „Es gibt keinen Planeten B für die Menschheit!“ Beim leidigen Thema „Profit“ angekommen, nannte Vendroux unter anderem die Stichworte: „Agilität und Geschwindigkeit“ sowie die Notwendigkeit, „Zusammenarbeit, Transparenz und Harmonie“ voranzutreiben.
Nach diesem inhaltsreichen und durchaus erfrischenden Intro folgte Ke Wang vom DS-Partner Accenture. Wang präsentierte seine Überlegungen zu einem „How to get smart“ aus Sicht der Fertigung. Wang betonte, dass die Bereitschaft zur digitalen Transformation mehrheitlich bestehe, was von vielen Umfragen im Management gerade in China immer wieder bestätigt werde. Wichtig sei, dass die eigenen strategischen Überlegungen für die Fertigung mit der beabsichtigten digitalen Transformation insgesamt in Einklang stehen.
Michael Larsson von ABB, das nicht nur Kunde, sondern auch Partner von DS ist, ließ die gut 150 Besucher vorwiegend aus dem asiatischen Raum an der Vision „Fabrik der Zukunft“ – einem reinen Greenfield-Projekt – teilhaben. Dort gibt es keine Förderanlagen mehr, nur noch autonome Transportsysteme und an jeder Ecke wird der Energiebedarf überwacht. Larsson war es wichtig darauf hinzuweisen, dass man weg kommen müsse, die Domänen Planung, Errichtung und Betrieb einzeln zu optimieren, hin zu einem umfassend integrierten Ansatz. Hierbei spielt der digitale Zwilling der Anlage eine große Rolle, verstanden als realitätsgetreues Abbild der errichteten Anlage, das die Delmia-Simulations-Tools ermöglichen. Larsson interpretierte den digitalen Zwilling folgendermaßen

  • Er is ein umfassendes digitales Abbild der physisches Ausstattung der Fertigungsanlage
  • Er ermöglicht die Simulation des naturgetreuen Verhaltens der physischen Objekte
  • IoT-Anbindung, unterstützende Echtzeit-Algorithmen für den optimalen Anlagenbetrieb sind Bestandteil des digitalen Zwillings
  • Er sorgt für die konsistente Aggregation und Verteilung von Daten und Informationen über den gesamten Lebenszyklus einer Anlage.

Abgesehen von ihrer Richtigkeit sind diese Aussagen auch insofern interessant, da sie nicht von einem DS-Mitarbeiter, sondern von einem Kunden des Systemanbieters präsentiert wurden. „Der digitale Zwilling ermöglicht Entscheidungsfindung in Echtzeit. Dassault Systèmes ist Branchenführer in Sachen Digitalisierung und digitaler Zwilling. Dies kombinieren wir mit der Expertise von ABB im Bereich der Automatisierung“. Das klingt nach einer ausgesprochenen Win-Win-Strategie für die Kunden von DS und ABB gleichermaßen.

Digitaler Zwilling und die virtuelle Küche

Albert Pozo von SATS schließlich stellte einen wirklich bemerkenswerten Use Case vor. Der in Asien führende Airliner-Versorger mit Mahlzeiten hat Lösungen von Dassault Systèmes gewählt, um die Prozesse auf dem eigenen Shopfloor zu optimieren und den Abfall von Lebensmitteln zu reduzieren. Warum auch nicht die (industrielle) Herstellung von Essen mit dem messen, was von Fertigungsprozessen sonst so gefordert wird? Auch wenn, wie Pozo zu verstehen gab, die Küchenchefs (eigentlich: „Fertigungsleiter“) da ihre eigenen Vorstellungen haben, um die Digitalisierung kommen auch die Großküchen nicht umhin.
SATS stellt im Jahr 170 Millionen Mahlzeiten an 35 Standorten her. Einer Vertragsunterzeichnung im Juli diesen Jahres zufolge will der Essensversorger die 3DExperience-Plattform in der Cloud nutzen, um die digitale Küche zu kreieren, die virtuelle und physische Prozesse in der Lebensmittelprodukt derart geschickt kombiniert, um datengesteuerte Analysen für eine bessere Ressourcenplanung möglich zu machen.  SATS will mit seiner eigenen Lesart des digitalen Zwillings auch den Verbrauch von Inhaltsstoffen in seiner Großchargenproduktion besser vorherzusagen, um die Verschwendung von Zutaten zu reduzieren.
Die virtuelle Küche von SATS, ein Multimillionen-Investment, erfasst und integriert alle Prozessdaten und -informationen in einer virtuellen 3D-Umgebung, um die Konsistenz zu gewährleisten und den Betriebsleitern („Chefs de Cusine“) der Einrichtung zu ermöglichen, schneller und effizienter auf sich ändernde Situationen zu reagieren. Die Virtual Kitchen basiert auf Delmia-Tools und befindet sich in der Pilotphase am Produktionsstandort in der Nähe des Flughafens von Singapur.

Dies zu den Highlights des ersten Konferenztags von „Manufacturing in the Age of Experience“. Über die gesamte Veranstaltung und aktuelle PLM-Marktzahlen für China berichten wir in der kommenden Ausgabe 4/2019 von d1g1tal AGENDA, dem Fachmagazin für Methoden- und Prozessexzellenz im Zeitalter der digitalen Transformation.

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