Das Fachbuch „Virtual Product Creation in Industry – The Difficult Transformation from IT Enabler Technology to Core Engineering Competence“ stellt überraschende Verbindungen her und unternimmt den Versuch, aus Fragmenten der IT-Genese die Produktentstehung zu rekapitulieren – Buchbesprechung.
Der Weg zu dem, was wir heute unter dem Begriff Digitalisierung des Engineerings subsumieren, ist ausgesprochen lang und kann, der Argumentation des Autors Professor Rainer Stark folgend, bis auf das Aufkommen des ersten uns bekannten Rechenwerkzeugs, des Abakus, auf den Zeitraum 2700 bis 2300 v. Chr. zurückdatiert werden. Inwieweit der Abakus dazu beigetragen hat, die sieben Pyramiden und die Große Sphinx zu konstruieren, die im gleichen Zeitraum (der dritten bis sechsten Dynastie des Alten Ägyptens) entstanden sind, lässt sich aus heutiger Sicht nicht mit Sicherheit sagen. Doch genau darum geht es in dem Werk: um den kausalen Zusammenhang zwischen CAx-Technologien und ingenieurtechnische Wunder.
Allein die „Funde“, die im Kapitel „History of Information Technology“ zu Anfang des Buches mit großer Akribie zusammentragen werden, machen deutlich, wie ernst es der Autor mit der Rezeption historischer Artefakte meint: Fachbücher zu singulären Themen aus CAD/CAM, PLM, Simulation und Berechnung gibt es zuhauf, doch so etwas wie „Virtual Product Creation“ hat die Welt noch nicht gesehen. Allein der Umfang von mehr als 650 Seiten macht dem Leser deutlich, dass dieses Buch nicht einmal schnell diagonal gelesen werden kann, wie es bei Fachbüchern üblich ist. Vielmehr will „Virtual Product Creation“ verstanden werden als eine Art End-to-End-Forschungsbericht, durchaus mit auffälligen Parallelen zur Archäologie. Neben den berühmten Hard Facts werden nämlich kurzweilige Deutungen und Anekdoten serviert, die Respekt einfordern, plausibel erscheinen, bisweilen aber auch den Raum von Spekulationen durchmessen.
Lesen Sie hier ein Buchbesprechung, die in d1g1tal AGENDA Magazin 3/2022 erschienen ist.
